Ökosystemunternehmen: Die Spielregeln von Strategie neu definiert

Die heutige Geschäftswelt erlebt einen Paradigmenwechsel: Die Orchestrierung von Ökosystemen als Alternative zum traditionellen, siloartigen Wettbewerb gewinnt rasant an großer Bedeutung. Nicht nur die unternehmerische Praxis sondern auch die Wissenschaft beschäftigt sich mit einem „neuen” Trend (Birkinshaw, 2019; Fang et al., 2021; Hanisch, 2020; Kretschmer et al., 2022): Ökosystemunternehmen schaffen Plattformen, die unterschiedliche Akteure miteinander verbinden, um gemeinsam Wert zu schaffen. Dieser Ansatz unterscheidet sich vom herkömmlichen Fokus auf die Maximierung individueller Gewinne, indem er das Wachstum und den Wohlstand des Netzwerks in den Vordergrund stellt.

Kennzeichen von Ökosystemunternehmen

Ökosystemunternehmen zeichnen sich durch ihre kooperative Struktur aus und verzichten auf die Wettbewerbsmentalität, die traditionelle Geschäftsmodelle prägt. Sie legen Wert auf die Pflege eines Netzwerks miteinander verbundener Akteure, die symbiotisch auf gemeinsame Ziele hinarbeiten. Im Mittelpunkt dieses Netzwerks stehen Plattformen, die den reibungslosen Austausch von Informationen, Ressourcen und Dienstleistungen ermöglichen (Hein et al., 2020).

Die Anziehungskraft von Ökosystemen

• Vergrößerte Reichweite: Durch die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen können Ökosystemunternehmen ihre Reichweite erheblich vergrößern und neue Märkte und Kunden erschließen.
• Innovationsmotor: Die Symbiose von Ideen diverser Akteure innerhalb des Ökosystems treibt einen kontinuierlichen Strom an Innovationen und bahnbrechenden Konzepten voran.
• Gesteigerte Effizienz: Mitglieder des Ökosystems nutzen gemeinsam Ressourcen und Dienstleistungen, was zu optimierten Betriebsabläufen und Kostensenkungen führt.
• Mühelose Skalierbarkeit: Die inhärente Skalierbarkeit von Ökosystemen ermöglicht ihnen eine mühelose Anpassung an sich verändernde Marktanforderungen und die Erfüllung neuer Kundenbedürfnisse sowie auch geografische Ausbreitung von digitalen Ökosystemen.

Beispielhafte Ökosystemunternehmen

• Apple: Apple schafft akribisch ein Ökosystem nahtlos integrierter Geräte, Software und Dienste, die Kund*innnen einen beispiellosen Wert bieten. So können beispielsweise iPhone-Nutzer*innen problemlos Musik auf ihrer Apple Watch hören, Fotos in iCloud speichern und sich über FaceTime mit Freund*innen verbinden – ein Beweis für die Macht eines robusten Ökosystems.
• Amazon: Aus bescheidenen Anfängen als Online-Buchhändler hat sich Amazon zu einem facettenreichen Giganten entwickelt, der Cloud-Computing-Dienste (AWS), Streaming-Dienste (Prime Video) und Logistiklösungen umfasst. Amazon hat ein riesiges Ökosystem von Drittanbietern aufgebaut, die auf seiner Plattform eine Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen anbieten.
• Uber: Uber verbindet Fahrer und Passagiere nahtlos miteinander. Uber hat sein Kerngeschäft, den Fahrtendienst, um Uber Eats (Essenslieferung) und Uber Freight (Frachttransport) erweitert und zeigt damit das Potenzial für die Expansion von Ökosystemen.

Der strategische Imperativ der Zukunft

Der Aufstieg von Ökosystemunternehmen erfordert ein Umdenken in der Strategiearbeit in Unternehmen. Unternehmen, die sich nach dauerhaftem Erfolg sehnen, müssen die Fähigkeiten entwickeln, um innerhalb von Ökosystemen zu florieren. Das Öffnen der Strategiearbeit ist eines der wichtigsten Elemente dieser Entwicklung (Hautz et al., 2017).

Den Ökosystemvorteil nutzen

• Identifizierung potenzieller Partner: Suchen Sie nach Kooperationsmöglichkeiten mit Unternehmen, die Ihre Ziele und Werte teilen.
• Plattform-Entwicklung: Fördern Sie Plattformen, die den reibungslosen Austausch von Informationen, Ressourcen und Dienstleistungen zwischen den Akteuren des Ökosystems ermöglichen.
• Förderung der Zusammenarbeit: Pflegen Sie eine Kultur der Zusammenarbeit und des Vertrauens innerhalb des Ökosystems.
• Innovation fördern: Schaffen Sie ein Umfeld, welches das Experimentieren mit neuen Ideen und Geschäftsmodellen fördert. Open Innovation (Chesbrough et al., 2006) ist einer der Imperative für erfolgreiche Ökosysteme.

Fazit

Ökosystemunternehmen stehen an der Spitze der sich wandelnden unternehmerischen Landschaft. Unternehmen, die Ökosysteme strategisch nutzen und in ihnen Spitzenleistungen erbringen, können sich in den kommenden Jahren einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil sichern. Daher die Frage: Wann beginnen Sie mit Ihrem Ökosystem?

Literaturverzeichnis

Birkinshaw, J. (2019). Ecosystem Businesses Are Changing the Rules of Strategy. Harvard Business Review, 5.

Chesbrough, H., Vanhaverbeke, W., & West, J. (Eds.). (2006). Open Innovation—Researching a new paradigm. Oxford University Press.

Fang, T. P., Wu, A., & Clough, D. R. (2021). Platform diffusion at temporary gatherings: Social coordination and ecosystem emergence. Strategic Management Journal, 42(2), 233–272. https://doi.org/10.1002/smj.3230

Hanisch, M. (2020). Digital Platform Strategies: Strategic Trade-Offs in Multi-Sided Markets. Academy of Management Proceedings, 2020(1), 13710. https://doi.org/10.5465/AMBPP.2020.13710abstract

Hautz, J., Seidl, D., & Whittington, R. (2017). Open Strategy: Dimensions, Dilemmas, Dynamics. Long Range Planning, 50(3), 298–309. https://doi.org/10.1016/j.lrp.2016.12.001

Hein, A., Schreieck, M., Riasanow, T., Setzke, D. S., Wiesche, M., Böhm, M., & Krcmar, H. (2020). Digital platform ecosystems. Electronic Markets, 30(1), 87–98. https://doi.org/10.1007/s12525-019-00377-4

Kretschmer, T., Leiponen, A., Schilling, M., & Vasudeva, G. (2022). Platform ecosystems as meta-organizations: Implications for platform strategies. Strategic Management Journal, 43(3), 405–424. https://doi.org/10.1002/smj.3250